Zag dit. Had me dit niet gerealiseerd.
50 Jahre Märklin Minex
Zur Nürnberger Spielwarenmesse 1970 lancierte Märklin eine völlig neue Bahn auf bewährter Technik! Eine Schmalspurbahn nach württembergischen Vorbildern sollte es sein. Klein, aber gross genug, damit die Bahn gut in spielende Kinderhände passt. Von der Spur 0 hatte sich Märklin eigentlich um 1950 verabschiedet. Die Neuauflage des Massstabs in Schmalspur hatte allerdings nichts zu tun mit den früheren Produkten aus Blech. Die Produkte hatten sich in den 20 Jahren verändert! Und es blieb bis heute die einzige je bei Märklin hergestellte Schmalspurbahn!
Der Name Minex war für Märklin allerdings nicht neu! Bereits früher verwendete man den Namen für Metallbaukästen. Zum Zeitpunkt der Lancierung 1970 war der Name jedoch frei. Die Metallbaukästen hiessen längst Märklin Metall und die Kundschaft, die man ansprechen wollte, würde die frühere Verwendung des Namens nicht bekannt sein. Wie dem auch sei, 1970 bescherte Märklin den Händlern und Kunden ein Produkt, welches zwar auf die vorhandenen HO-Metallgleise passte und trotzdem wörtlich neue Massstäbe setzte. Um in den Markt einzusteigen, wählte man Fahrzeuge, welche damals beim grossen Vorbild unlängst noch zu sehen waren. Das man dabei auch erwachsene Kundschaft ansprach, welche durchaus Gefallen am kleinen Bähnle finden würde, war wohl eher nicht geplant!
Im Märklin Magazin 1/1970 wurde die Bahn dann ausgiebig vorgestellt. Die beiden Loks hatten Vorbilder bei Bahnen in näherer Umgebung. Um den Wechsel zu und von den HO-Zügen zu ermöglichen, wurde die Spurweite auf die bewährten 16,5 mm festgelegt. Ausserdem konnte die gesamte Technik des grossen kleinen HO-Bruders weiterverwendet werden. Entsprach doch das Innenleben der Fahrzeuge demjenigen der HO-Loks und -Wagen. Für damalige Ansprüche waren die Unterschiede zu einem 'echten' Schmalspurgleissystem nicht relevant. Auch die Detailtreue der Fahrzeuge entsprach damaligem Standard. Der Verwendung als Spielbahn für Kinder entsprechend konnten so die Produktionskosten in einem Rahmen gehalten werden. Damit entsprach der Verkaufspreis dem Budget damaliger Mittelstandsfamilien. Das Marketing der Firma Märklin für den jungen Nachwuchs führte in jüngerer Vergangenheit zu ähnlichen Erzeugnissen: Alphabahn, Jim Knopf und wie sie alle heissen!
Die Märklin Minex-Bahn wird in diesem Jahr 50-jährig! Diese kleine, längst vergessene Bahn schlummert bei so manchem Sammler im Schrank oder auf dem Dachboden. Zu ihrem Geburtstag wollen wir sie hervorholen und ein paar Runden drehen lassen! Und dabei hinterleuchten, wie ihre Geschichte weiterging und nur 3 Jahre nach ihrer Lancierung jäh verschwand.
Fahrzeuge
Der Rollmaterialpark ist überschaubar. Das Angebot bestand 1970 aus zwei Loks, 2 identischen Personenwagen mit unterschiedlicher Farbgebung und 3 Güterwagen, wovon die beiden offenen Güterwagen ebenfalls nur farblich voneinander abwichen. Alle je angebotenen Wagen waren zweiachsig und stets auf dem gleichen Fahrwerk montiert.
Die Dampflokomotive mit Katalog-Nr. 3400 war eine von der Firma August Borsig in Berlin im Jahre 1900 hergestellte Cn2t-Lok mit Allan-Triebwerk. Die von Märklin erzeugte Lok erhielt die Betriebs-nummer 2s und entsprach der Werksnummer 4871. Die Originallok wurde mit 3 Schwesterloks zusammen für die meterspurige Nebenbahn Amstetten-Laichingen produziert. Die Spurweite entsprach dem eingangs erwähnten Kompromiss einer eigentlich engspurigen Schmalspurbahn. Die produzierten Loks erhielten die Betriebsnummern 1s bis 4s. Die Lok 2s ist im Vorbild als Einzige erhalten geblieben und steht heute im Lokschuppen der Ulmer Eisenbahnfreunde in Amstetten.
Aus Märklin Katalog 1971, Seite 58
Die Farbgebung wurde von der Konstruktionsabteilung gewählt. Das Führerhaus, die beiden seitlichen Wassertanks und die Zylinderblöcke waren dunkelgrün, Kesselaufbau, Leitungen und Schornstein schwarz, das Fahrwerk in damaliger Märklin-Manier rot.
Das Modell war für damalige Verhältnisse und im Hinblick auf eine Verwendung als Spielbahn recht detailliert konstruiert worden. Alle wichtigen Elemente wurden nachgebildet. Die Feinheiten der heutigen Modellbahnen überwiegen denjenigen damaliger Produkte bei weitem. Trotzdem stimmt das Modell mit den Proportionen des gewählten Vorbildes weitgehend überein. Einige Elemente wurden bewusst einfach gehalten. Zum Beispiel weist die Lok lediglich eine Stirnbeleuchtung auf der Kesselseite aus. Als Tenderlok stand die Lok aber so oft Führerhaus voraus wie Kessel voraus im Einsatz. Auf der Führerhausseite verzichtete man wohl aus Kostengründen auf eine Stirnbeleuchtung. Das Fahrwerk wurde in damals bewährter Weise auf Zinkdruckgussbasis erzeugt. Das Gehäuse mit den angegossenen oder angesetzten Details wie Rohrleitungen, Führerhaus und Handräder sind aus Kunststoff. Immerhin ist zu erwähnen, dass die damals verwendeten Materialien zeitlos Bestand haben. Die bei anderen Modellen entstandenen Verformungen der Gehäuse halten sind bei den Minex-Fahrzeugen gering. Als Hingucker setzte Märklin einen Lokführer von Merten ins Führerhaus!
Aus 'Die Jagsttalbahn' von Martin Uhlig, Aufnahme von H. Schmitz, Juni 1982
Die orangefarbige Diesellokomotive mit Katalog-Nr. 3420 war eine von der Firma Gmeinder & Co in Mosbach im Jahre 1965 hergestellte Lok des Typs V12/16. Die Südwestdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft mbH SWEG hatte im April 1965 zwei dieser 180 PS starken Lokomotiven für ihre 750mm-Schmalspurstrecke von Möckmühl nach Dörzbach – bekannt als Jagsttalbahn, bestellt. Im Herbst desselben Jahres wurden die beiden Loks mit den Betriebsnummern 22-01 und 22-02 ausgeliefert. Die beiden Loks wurden in der Regel Führerhaus an Führerhaus gekuppelt für den Güterverkehr mit aufgeschemelten Normalspurgüterwagen eingesetzt. Diese Traktion machte die Loks auch als Jagsttal-Krokodil bekannt!
Das Modell entspricht in den Proportionen ebenfalls dem Vorbild, die Spurweite dieser Lok massstäblich der Engspur. Wohl um die Stromaufnahme zu verbessern, verpasste man dem Modell anders als beim Vorbild eine dritte, mittlere Achse. Hier mag die Betriebssicherheit für die Spielbahn überwogen haben. Allerdings entschied man sich, den Antrieb lediglich auf eine Achse mit haftbereiften Rädern zu führen. Bei fünf Wagen Anhängelast in engen Kurven gerät die Lok ins Schleudern!
Märklin verzichtete ebenfalls auch hier auf den Einbau einer führerhausseitigen Stirnbeleuchtung. Das Modell erscheint klobiger als sein dampfbetriebener Kumpel! Die Gehäusebefestigungsschraube wurde gut sichtbar mittig auf dem Vorbau platziert. Das mag bei Märklin manchmal erstaunen, wurde der Gehäusegestaltung wie bei der Dampflok doch verhältnismässig grosse Aufmerksamkeit zugewandt!
Auch die Diesellok wurde einzeln und zusammen mit 2 Güterwagen sowie dem gleichen Schienenoval in einem Einsteigerset unter der Katalog-Nr. 3470 angeboten.
Die beiden Personenwagen in rot mit der Katalog-Nr. 4400 und grün mit der Katalog-Nr. 4401 haben ihr Vorbild ebenfalls bei der Jagsttalbahn. Sie entsprechen dem 1924 von der Maschinenfabrik Esslingen an die Deutsche Reichsbahn gelieferten Wagen Nr. 3. Nach dem Betrieb auf verschiedenen württembergischen Schmalspurbahnen der DR und DB gelangte der Wagen 1967 zur Jagsttalbahn. Er ist heute immer noch vorhanden.
Die Proportionen des Modells wurden gegenüber dem Vorbild recht gut eingehalten. Die Türen vom Fahrgastraum zu den Plattformen lassen sich spielgerecht öffnen. Bei den Dachaufbauten schummelte man, die beiden Dachlüfter wurden durch 4 Lampengehäuse und eine längslaufende Leitung ersetzt.
Die beiden Wagen waren einzeln sowie je einmal im Einsteigerset Katalog-Nr. 3450 enthalten.
Mit der Neuerscheinung der Märklin-Minex-Bahn wurden 3 Güterwagen angeboten, zwei offene Hochbordgüterwagen in braun mit der Katalog-Nr. 4450 und giftig-grün mit der Katalog-Nr. 4451 sowie der Kippwagen Katalog-Nr. 4459 mit zwei einzelnen, roten Mulden. Diese Muldenkippwagen waren bei Märklin in fast jeder Spielpackung vorhanden. Erlauben sie doch einen Spielbetrieb mit verschiedenen Ladungen, welche mit den Wagen transportiert werden konnten. Die offenen Güterwagen hatten ihr Vorbild bei der Jagsttalbahn, waren meterspurig. Bei der Bottwartalbahn waren 15 Wagen des Typs im Einsatz. Eine frühe Aufnahme der Minex-Bahn zeigt den Wagen mit gelben Muldenträgern. Diese spezielle Farbgebung wurde tatsächlich in kleiner Stückzahl produziert, die entsprechenden Modelle gelten heute als sehr grosse Rarität!
Im Märklin-Katalog von 1971 wurde der bescheidene Fahrzeugpark nochmal um drei geschlossene Güterwagen ergänzt. Vorbild für den braunen Güterwagen mit Katalog-Nr. 4452 bildete ein schwerer, gedeckter, dreiachsiger Güterwagen der Gattung G der Bottwartalbahn von Marbach nach Heilbronn-Süd. Diese 750mm-Schmalspurbahn wurde 1894 eröffnet und stand bis 1968, zuletzt durch die DB betrieben, in Betrieb. Die Bahn besass 15 Stück dieser Waggons mit den Nummern 469 – 483. Neben dem braunen Wagen produzierte Märklin zwei Farbvarianten, welche kein Vorbild besitzen. Der weisse, als Kühlwagen beschriftete Wagen mit Katalog-Nr. 4453 sowie der blaue, mit floralem (!) Muster produzierte Wagen mit Katalog-Nr. 4454 bildeten die letzten von Märklin produzierten Schmalspurmodelle.
Im gleichen Jahr lancierte man auch das einzige Zubehörteil in Form eines einflügeligen Hauptsignals mit Handbedienung unter der Katalog-Nr. 7400. Das Signal war fest an ein kurzes, gerades Gleisstück montiert, welches zusammen mit einem weiteren Gleisstück - beide mit unterbrochenem Mittelleiter - durch beliebig viele zusätzliche Gleisstücke dazwischen, eine einfache Zugbeeinflussung bildeten.
Aus heutiger Sicht mag die Bahn primitiv anmuten. Sie sollte jedoch jüngere Kundschaft auf den Geschmack der kleineren HO-Bahn bringen. Das dabei schon eingeführte Gleissystem war ein cleverer Marketingzug!
Die Minex-Bahn des Verfassers
Markus Vollack, Birmensdorf Schweiz
23.02.2020